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Falsch- und Desinformation begegnen

Falschnachrichten – auch solche, die böswillig verbreitet werden – gibt es seit jeher. Aber heutzutage bieten insbesondere die Sozialen Medien eine Plattform, auf der immer mehr Menschen Informationen produzieren, senden und verbreiten. Die Grenze zwischen persönlicher Meinung und sachlicher Berichterstattung verwischt dabei und extreme Ansichten verstärken sich in geschlossenen Kommunikationsräumen. Falsch- und Desinformationen haben daher heute eine größere Bedeutung denn je.

Wahlen wie die bevorstehenden Bundestagswahlen sind ein Höhepunkt im politischen Leben, ein Höhepunkt in journalistischer Berichterstattung – und auch ein Höhepunkt von Desinformationskampagnen. Wählerinnen und Wähler sollten verdächtige Behauptungen kritisch bewerten und sich vor der Stimmabgabe über glaubwürdige Quellen informieren. Im folgenden FAQ geben wir Euch einige Instrumente an die Hand, wie Ihr Falsch- und Desinformation erkennen und ihnen begegnen könnt.

Was versteht man unter Desinformation?

Ein unachtsamer Zahlendreher, aus Versehen Namen vertauscht oder eine falsche Ortsmarke – Fehler passieren. Wenn man von Desinformation spricht, geht es nicht um Fehler, die versehentlich in Umlauf gebracht werden. Experten unterscheiden zwischen Fehlinformation und Desinformation: Von außen betrachtet haben Nutzende es in beiden Fällen mit falschen Tatsachenbehauptungen zu tun. Der wesentliche Unterschied liegt in der Motivation dahinter: Falsch- bzw. Desinformationen wollen bewusst verzerren, Menschen vorsätzlich täuschen und so die öffentliche Meinung beeinflussen. Fehlinformationen transportieren unabsichtliche Fehler, die in der Regel später richtig gestellt werden.

Der Begriff “Fake News” mag populär und eingänglich sein, wir sprechen hier aber konsequent von Fehl- und Desinformation. Befragungen zeigen, dass der Begriff nicht einheitlich verwendet und verstanden wird. Bestes Beispiel ist Donald Trump. Er benutzt den Begriff "Fake News", um journalistische Berichterstattung zu diskreditieren, die ihm nicht in den Kram passt.

Wie verbreiten sich Falsch- und Desinformation?

Über das Internet und vor allem über Social Media verbreiten sich Fehl- und Desinformationen schneller und weiter denn je. Die Logik der Plattformen ist darauf ausgelegt, die Aufmerksamkeit der Nutzenden möglichst lange zu halten. Eine Dauerschleife kurzweiliger, oft leicht verdaulicher Filmchen fesselt am Bildschirm – und spült manchmal auch Fehl- und Desinformation in den News Feed der Nutzer/-innen.

Oft unterscheidet sich die Machart von Videos mit Desinformation nicht von der anderer Videos: abgefilmte Redebeiträge, die falsche Informationen verbreiten, oder Ausschnitte von Interviews, die aus dem Kontext gerissen wurden, Bilder aus dem Internet, die mit einer simplen Montage eine ganz andere Bedeutung bekommen, oder alte Videos, die in einem falschen Kontext auftauchen. In der Informationsflut auf den Social-Media-Plattformen sind sie gut getarnt. Desinformation spricht zude­m oft Emotionen an, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Beiträge, die beispielsweise Hass, Neid oder Angst hervorrufen, werden öfter angeschaut, heruntergeladen und verbreitet. Dieses Nutzungsverhalten beeinflusst auf Plattformen wie TikTok den Algorithmus. Er stuft die Videos als beliebt ein und spielt sie noch mehr Menschen aus.

Doch Desinformation verbreitet sich nicht nur auf TikTok und Co.. Ob der Telegram-Kanal, das Internet-Forum oder der Familienchat, sie kann einem überall begegnen.

Warum glauben Menschen Desinformation?

Richtig oder falsch, Wahrheit oder Lüge – und wer auf die Lüge reinfällt, hat nicht ausreichend nachgedacht. Ganz so einfach ist es nicht. Denn Desinformation wird erstellt, damit sie geglaubt und weiterverbreitet wird. Besonders glaubhaft wirken Behauptungen für Menschen, wenn sie an bereits Bekanntes anknüpfen, thematisieren, was gerade ohnehin im Fokus der öffentlichen Debatte steht, oder falsche Behauptungen mit belegten Details vermischen. Desinformation enthält deshalb oft Halbwahrheiten, reißt Tatsächliches aus dem Kontext, manipuliert Bilder oder Zitate, um einer real existierenden Situation einen anderen Dreh zu geben.

Menschen neigen zudem dazu, erstmal davon auszugehen, dass etwas wahr ist. Der Effekt verstärkt sich, wenn ihnen bestimmte Informationen wiederholt begegnen – unabhängig von deren Wahrheitsgehalt.

Desinformation appelliert auch häufig an Gefühle. Wenn Euch eine Nachricht also emotional macht, geht einen Moment in Euch und teilt sie nicht sofort!

Ist Desinformation eine Gefahr für die Demokratie?

Appell an Wählende: “Du bist Erstwähler? Setz Deine Unterschrift unter den Stimmzettel, um Wahlbetrug zu vermeiden.“ Solche Aufrufe kursierten 2022 in den Sozialen Medien anlässlich der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Hessen. Achtung, Manipulation! Denn wer auf den Aufruf reinfällt und in der Wahlkabine seine Signatur setzt, macht die eigene Stimmabgabe ungültig. Während die falschen Behauptungen vor allem im Internet und ganz besonders auf den Social-Media-Plattformen ein Massenpublikum finden, haben sie ganz konkrete Auswirkungen auf die Gesellschaft. Das Beispiel führt eindrücklich vor, wie Desinformationen darauf abzielen, demokratische Prozesse zu manipulieren.

Andere Beispiele für wahlbezogene Desinformation sorgten weltweit für Schlagzeilen – wie der Sturm aufs Kapitol in den USA. Nach Donald Trumps Wahlniederlage attackierten seine Anhänger das Regierungsgebäude. Angeblich sei sein vermeintlicher Wahlsieg gestohlen worden, betonte damals auch der scheidende Präsident selbst. Das war eine glatte Falschbehauptung: Weder liegen Beweise für einen Betrug vor, noch haben erneute Auszählungen eine Manipulation bewiesen. Letztlich stürmten rund 800 Menschen das Kapitol, fünf starben an diesem 21. Januar 2021. 

Unter dem Narrativ zur “gestohlenen Wahl” sammelten sich viele einzelne Desinformationen – manche halten sich seitdem und tauchen auch in anderen Ländern auf. “Oft steht dahinter Unwissenheit über den Wahlprozess”, schreiben Redakteure von CORRECTIV.Faktencheck in einem Artikel. Um solchen Behauptungen den Wind aus den Segeln zu nehmen, gibt es zwei Ansätze: Die falschen Behauptungen zu entkräften und zu widerlegen, oder vor Wahlen möglichst viele glaubwürdige Informationen zu verbreiten.

Was tun gegen Desinformation?

Wenn Menschen auf Grundlage falscher Informationen ihre Wahlentscheidung ändern oder gar keine Stimme abgeben, wenn Desinformation Hass gegen Migrantinnen und Migranten schürt, dann ist klar: Gegen Desinformation muss was unternommen werden. Zivilgesellschaft, Medien, Politik und Wissenschaft arbeiten an Lösungsansätzen.

Bewährtes Gegenmittel sind Faktenchecks. Sie begegnen falschen Behauptungen mit journalistischen Recherchen und überprüfbaren Tatsachen. Eine ganze Reihe von Organisationen im deutschsprachigen Raum ist mit Faktencheck-Angeboten am Start. Metaphorisch sind sie die “Pille danach”, denn sie behandeln Desinformationen, die längst im Umlauf sind und unter Umständen schon Schaden angerichtet haben. Andere Lösungsansätze sollen präventiv wirken, die Gesellschaft ähnlich einer Impfung gegen Desinformation immunisieren. Denn wenn eine Desinformation sofort als solche entlarvt wird, ist sie zwar in der Welt, aber ihr Effekt verpufft.

Um Nutzende präventiv vor Desinformation zu schützen, gibt es Medien- und Informationskompetenz-Trainings, die beispielsweise an Schulen ihr Publikum erreichen. Kritische Quellenbewertung und Faktencheck-Skills bieten sich für abwechslungsreiche Lerninhalte und auch für Spiele an. Eine andere Form sind Erklärvideos, die typische Desinformationsnarrative aufdecken und die Mechanismen hinter den Kampagnen darlegen. Mit den richtigen Informationen und Skills können auch Nutzende ihren Beitrag gegen Desinformation leisten.

Wie lassen sich Falschinformationen erkennen?

Falschinformation sind oft gut getarnt und fallen zwischen den hunderten Textnachrichten, Videos, Bildern und Tweets, die wir täglich auf unserem Bildschirm haben, häufig nicht auf. Um einschätzen zu können, ob es sich bei einer Nachricht um Falschinformationen handelt, lohnt ein Blick auf den Sender der Nachricht. Schon ein Klick auf das Profil des Social-Media-Accounts kann Aufschluss darüber geben, mit welchem Interesse die Nachricht geteilt wurde. Auf Internetseiten verrät das Impressum einiges über den Sender.

Tauchen in einer Nachricht Tatsachenbehauptungen ohne Quellenangabe auf, sollte das stutzig machen. Und auch wenn die Quellenangaben seriös wirken, lohnt ein genauer Blick darauf: Wurde vielleicht Kontext unterschlagen? Oder wurde die Angabe schlicht erfunden? Zu diesem Urteil kommen Faktenchecker immer wieder bei Zitaten, die zum Beispiel Politikerinnen und Politikern in den Mund gelegt werden.

Bilder lassen sich leicht manipulieren – das gilt seit Photoshop und umso mehr, seitdem KI-basierte Tools zur Bildgenerierung auf dem Massenmarkt sind. Und häufig braucht es gar keine Bildbearbeitung, sondern die Desinformation entsteht einfach durch einen falschen Kontext. Schaut also genau, ob die Nachricht wirklich zum verwendeten Bild passt oder nicht. Ein weiterer Hinweis ist eine stark emotionalisierte Sprache. Journalistische Nachrichten sind sachlich formuliert, Falschinformationen hingegen wollen Emotionen wie Wut, Hass oder Neid auslösen.

Wie kann man selbst Fakten checken?

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte und das gilt auch für Desinformation. Deswegen werden Bilder oft in einen falschen Kontext gesetzt oder manipuliert, sodass sie zum Inhalt und Weltbild der Desinformation passen. Überprüfen Faktenchecker/-innen die Authentizität eines Bild, greifen sie häufig auf frei zugängliche Tools zurück. 

Bilderrückwärtssuche: Wenn Ihr ein Bild überprüfen wollt, dann ladet es runter oder macht einen Screenshot. Dann könnt Ihr das Bild entweder bei Google, Yandex oder TinEye hochladen. Schaut Euch die Ergebnisse an und achtet auf den Veröffentlichungszeitpunkt und die Quellen, bei denen das Bild sonst noch auftaucht. CORRECTIV.Faktencheck hat einen detaillierten Leitfaden zur Bilderrückwärtssuche zusammengestellt.

Geolocation: Achtet auf Details! Ampeln, Schrift, Kennzeichen – all das kann Aufschluss über das Land und teilweise die Region geben, in der das Bild entstanden ist. Mit jedem Foto werden Aufnahmezeit, Gerät und Standort gespeichert. Das sind die Metadaten, die mithilfe von Online-Werkzeugen wie Jimpl oder Exif zugänglich sind. Mit diesen Daten könnt Ihr überprüfen, ob die tatsächliche Aufnahmezeit und der Ort zu dem behaupteten Inhalt passen. Anhand von Online-Kartendiensten, Satellitenbildern und Streetview könnt Ihr prüfen, ob die Details des Bildes wirklich mit dem Ort übereinstimmen. Hier eine Anleitung zu Geolocation von CORRECTIV.

Wie erkennt man eine seriöse Quelle?

Wenn eine Behauptung verdächtig erscheint, lohnt ein kritischer Blick auf die Quelle: Wird überhaupt eine genannt? Lässt sie sich überprüfen? Ist sie glaubwürdig? Und gibt es weitere unabhängige Quellen für die Behauptung? Journalistinnen und Journalisten überprüfen Informationen am besten immer mit mindestens zwei voneinander unabhängigen Quellen. Ist das Zwei-Quellen-Prinzip nicht möglich, legen sie das offen. Dieses und andere Prinzipien journalistischer Arbeit fasst der Pressekodex zusammen.

Influencer und Influencerinnen sind nicht an den Pressekodex gebunden. Manche erreichen aber ein großes Publikum, vergleichbar mit der Reichweite journalistischer Medien. Influencer, die möglicherweise Fehl- und Desinformationen veröffentlichen, können Nutzende unter anderem mit einer kritischen Quellenprüfung entlarven. Eine kritische Quellenprüfung kann sehr aufwändig sein, manchmal lässt sie sich aber schon mit wenigen Klicks erledigen. Das im Bild genannte Zitat solle von Wirtschaftsminister Robert Habeck stammen, hieß es in Beiträgen auf Facebook und WhatsApp. Als Quelle wurde das ZDF genannt. Die Angabe verleiht der Behauptung Glaubwürdigkeit, denn schließlich arbeitet der öffentlich-rechtliche Sender nach strengen Sorgfaltspflichten. Faktenchecker von CORRECTIV schauten einmal genau hin und sichteten die angegebene Sendung. Ihr Rechercheergebnis: Das Habeck-Zitatist frei erfunden und taucht in dem ZDF-Beitrag nicht auf.

Desinformation aufgedeckt – und dann?

Eine Behauptung erscheint verdächtig und nach einer ersten Recherche lässt sie sich sogar widerlegen – etwa mit einem Faktencheck oder einer anderen glaubwürdigen Quelle. Je nachdem, wo Desinformationen auftauchen, gibt es unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten. 

Auf Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram, Facebook oder X können Nutzende Inhalte oder Kommentare melden. Daraufhin prüfen Plattformbetreiber, ob gegen ihre jeweiligen Richtlinien oder sogar gegen Gesetze verstoßen wird. Ist das der Fall, wird das Gemeldete gelöscht. Auch Nutzende können sich mit Fakten Desinformationen entgegenstellen: Liegt ein Faktencheck oder eine gute Quelle vor, können Nutzende sie in einem Kommentar unter dem jeweiligen Beitrag teilen. Für andere kann so ein Kommentar einen wichtigen Warnhinweis und eine hilfreiche zusätzliche Informationsquelle darstellen.

Desinformation und Verschwörungsglaube können uns aber auch in unserem direkten Umfeld begegnen – ob bei der Familienfeier, in der Whatsapp-Gruppe oder auf der WG-Party. Ist der Verschwörungsglaube gefestigt, kommt man ausschließlich mit Fakten beim Gegenüber oft nicht weiter. Beratungsstellen empfehlen, mit den Personen trotzdem im Gespräch zu bleiben und bieten im Zweifel auch Unterstützung und Mediation an.

Quelle: CORRECTIV, Hessische Landeszentrale für politische Bildung

Videos zu "Fakten gegen Fakes", die das Thema leicht verständlich darstellen und sich gut in Gruppenstunden zeigen lassen, findet Ihr auf der Seite Reporter4You der Reporterfrabrik CORRECTIV.