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Der Weg zur Deutschen Jugendfeuerwehr - Teil II

Betrachtet man die Geschichte der Jugendfeuerwehren in Deutschland, darf man nicht außer Acht lassen, dass es auch auf diesem Gebiet gilt, die geschichtliche Trennung Deutschlands nach 1945 von beiden Seiten zu betrachten. Bisher wurde im „Helfer“ sehr detailliert über den Werdegang der Jugendfeuerwehr bezogen auf die „Altbundesländer“ berichtet. Aber es gab auch noch eine zweite Seite und auch hier wurde in den Feuerwehren Dienst am Nächsten geleistet, auch hier galt es, Nachwuchsarbeit im Interesse der Wehren durchzuführen.

Die Jugendarbeit hatte bei der Feuerwehr in der DDR einen großen Stellenwert, obgleich es eine Jugendfeuerwehr nach dem Beispiel der Bundesrepublik Deutschland nicht gab. Die Organisationsstrukturen der Feuerwehr und des Brandschutzes waren anders.

Über dieses Thema konnte der Autor des Buches „Wasser Marsch in der DDR“ Heinz Gläser auf der vfdb-Jahrestagung 1992 in Potsdam im Rahmen des Referates 12 „Brandschutzerziehung“ erstmals berichten. (siehe vfdb-Zeitschrift „Forschung und Technik im Brandschutz“ Heft 1; Februar 1993 Seite 27 ff) Für den Vortrag mitgebrachtes Anschauungsmaterial aus der Öffentlichkeitsarbeit im Brandschutz der DDR und speziell für die Brandschutzerziehung der Kinder und Jugend wurde ihm noch im Vortragssaal vom Moderator der Veranstaltung, dem damaligen Hamburger Referatsvorsitzenden Herrn Julga, regelrecht aus den Händen gerissen. Vieles davon konnten wir in den verschiedensten anschließenden Veröffentlichungen in den Feuerwehrfachzeitschriften der Bundesrepublik wiederfinden (auch ohne Nennung der Autoren und Verfasser. So ist das teilweise mit dem „Vergangenen“).

Da in o. g. Buch die Jugendarbeit in den Feuerwehren der DDR sehr gut dargestellt wird, war es unser Anliegen, dieses Kapitel in Ergänzung der bisherigen Geschichtsschreibung der DJF, dem Helfer, beizufügen. Wir freuen uns, dass es auf sehr unkomplizierte Art und Weise gelungen ist, die Zusage von Frau Doris Gläser (die nach dem viel zu frühem Tod ihres Mannes die Rechte an den Veröffentlichungen hält) zu erhalten, dieses Kapitel aus dem Buch „Wasser Marsch in der DDR“ für unsere Arbeit zu verwenden. Ebenso danken wir der Teltower Stadtblatt Verlags- und Presse GmbH für die unkomplizierte Zusammenarbeit und Unterstützung.

Die staatlichen Grundlagen für die Jugendarbeit

In allen DDR-Landesteilen waren Jugendzüge oder Jugendlöschzüge (ihre Bezeichnung war unterschiedlich) aus den frühen fünfziger Jahren bekannt. In Thüringen ging im Februar 1950 ein „Aufruf der FDJ-Betriebsgruppe im Landesbrandschutzamt Erfurt, ein ‚Aufruf an die Thüringer Jugend‘, sich zu organisieren im Bewusstsein der FDJ zu FDJ-Löschaktivs innerhalb eurer Gemeinden und Betriebe. Lernt von den älteren Feuerwehrkameraden, denn nur die Erfahrung und der jugendliche Elan, die schnelle Aufnahmefähigkeit und der junge Forscherdrang sichern uns den Erfolg“. Frühzeitig, bereits 1952, erkannte die DDR-Staatspartei, die SED, dass durch die hohe Beschäftigungsrate der Frauen das in der täglichen Kinderbetreuung und -erziehung entstehende Loch an den Nachmittagen auszufüllen ist.

In einem Wettbewerb sollten die besten FDJ-Löschgruppen ermittelt werden. Diesen Aufruf unterzeichneten gemeinsam der Kommissarische Chef der Feuerwehren, Kommandeur Börner und der Landesvorsitzende der FDJ Thüringen, Peschel.

Die FFW Berlin-Altglienicke z.B. hatte im Jahre 1951 einen FDJ-Jugendzug. Er war in Ost-Berlin lange Zeit das Paradebeispiel für die übrigen FFW der Stadt. Mit großer Aufmachung für die Presse legte dieser Jugendzug seine Feuerwehrmannsprufung ab, um anschließend voll in den ausgebildeten Mannschaftsbestand der Wehr eingegliedert zu werden. Auch in Wismar gab es ein Pionierbrandschutzaktiv, so dass landesweit die Jugendarbeit in der Feuerwehr „angekurbelt“ wurde.

Der Münchener Oberbranddirektor a.D. Dipl.-Ing. K. Seegerer schrieb in seiner Studie „Effizienz des Brandschutzes in der ehemaligen DDR“ 1991 u.a.:

„Besonderes Augenmerk hat in der ehemaligen DDR immer schon der Erziehung der Erwachsenen wie der Jugend zu brandschutztechnisch richtigem Verhalten gegolten. Schon die Jüngsten wurden – etwa bei Evakuierungsübungen in Kindergärten – mit pädagogischem Geschick in den Themenkomplex Brandschutz eingeführt.“

Trotz aller unterschiedlicher Auffassungen über das Geschichtsbild der DDR muss auch im Nachhinein diesem Staat seine Kinderfreundlichkeit bescheinigt werden, auch wenn teilweise Eigennützigkeit auf anderen gesellschaftlichen Gebieten dabei nicht verleugnet werden darf.

Beispielsweise hatte die DDR die meisten Plätze in Kinderkrippen und -gärten pro Tausend der Bevölkerung in den europäischen Staaten und somit zugleich ermöglicht, dass die Mütter – wenn sie es wollten – weiter arbeiten gehen konnten. Damit waren zwangsläufig wieder die meisten der im arbeitsfähigen Alter lebenden Frauen der DDR berufstätig, hier gleichfalls mit rund 87 % der Frauen eine weitere Spitzenstellung in Europa, die für die Volkswirtschaft von gewollter Notwendigkeit war. Somit waren Aktivitäten auch auf dem Gebiet der Brandschutzerziehung der Kinder und Jugendlichen über die entsprechenden Arbeitsgemeinschaften eine zwingende Notwendigkeit, die Freizeit im Sinne des Staates auszufüllen. An den Schulen angeordnete Pflichtarbeitsgemeinschaften hatten durchaus humanistischen Charakter – Arbeitsgemeinschaft „Junge Sanitäter“, Arbeitsgemeinschaft „Junge Brandschutzhelfer“ und Arbeitsgemeinschaft „Verkehrserziehung“, die die sogenannten „Schülerlotsen“ ausbildete.

Die Brandschutzerziehung begann in der DDR bereits im Vorschulalter in den Kindergärten. Hierzu erhielten sowohl die Kindergärten als auch die Feuerwehren (und hier besonders die FFw) nach und nach gutes Material, womit sie spielerisch die heranwachsenden Kinder an richtiges Brandschutzverhalten heranführen konnten.

Über die landeseinheitlich zentralisierte Kinderorganisation der „Jungen Pioniere“ und die sich altersmäßig daran anschließende Jugendorganisation der „Freien Deutschen Jugend“ – kurz FDJ genannt – wurden bereits in den fünfziger Jahren sogenannte Pionierbrandschutzgruppen an einigen Schulen geschaffen. (z.B.: Schreiben des Leiters der Abt. F der LBDVP Dresden am 28.02.1951 an alle Leiter der Abt. F der VPKÄ in Sachsen) Hier war das Einstiegsalter für die Pionierbrandschutzgruppen frühestens die 6. Klasse (12 Jahre).

Man war in enger Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen der Volksbildung, der Kinderorganisation und der Feuerwehr zunächst daran interessiert, dass die Schüler bestimmte Verhaltensweisen im Brandschutz vermittelt bekommen. Diese Pionierbrandschutzgruppen wurden schon nach feuerwehrtaktischen Grundsätzen in einer Stärke von jeweils acht Kindern bzw. Jugendlichen aufgebaut und mit den Grundregeln des brandschutzgerechten Verhaltens vertraut gemacht. Es wurden sogar Lehrpläne erarbeitet, nach denen in einem dreijährigen Gesamtzyklus die Schüler so ausgebildet wurden, dass sie

  • nach einem Jahr mit Geräten und Aufgaben der Feuerwehr vertraut gemacht wurden und in der Lage waren, eine einfache Brandbekämpfung mit einem C-Rohr vom Hydranten aus vorzunehmen.
  • Im 2. Lernjahr erweiterte sich die praktische Arbeitsweise über die Anwendung der TS 8 und die Brandbekämpfung mit drei C-Rohren. Brandbekämpfung als Einsatz war ihnen nicht gestattet.
  • Im 3. Lernabschnitt wurden die Themen der beiden vorangegangenen Jahre gefestigt und darüber hinaus Fragen der deutschen Bauordnung und andere Dinge behandelt.

Danach haben die Schüler nach Ablegen einer Abschlussprüfung die Möglichkeit erhalten, kleinere Brandschutzkontrollen in ihren Schulen, aber auch in kleineren Betrieben vorzunehmen, aber in jedem Falle in Verbindung mit der Feuerwehr, die auch Mängel – wenn sie erkannt wurden – protokollierten. Somit ist die im unten abgebildeten „Mitteilungsblatt“ aus Berlin vom Sommer 1960 gemachte Feststellung über „Kader des betrieblichen Brandschutzes und der Freiwilligen Feuerwehren“ durchaus zutreffend. Offiziell wurde zum Beispiel im Mitteilungsblatt für die freiwilligen Feuerwehren von Groß-Berlin im Sommer 1960 abschließend dazu geschrieben:

Dass die o.g. Kontrollen im Brandschutz durch die Jugendbrandschutzaktive keine rechtskräftigen Auflagen für die von den Schülern kontrollierten Objekte nach sich zogen, sei hier nur der Vollständigkeit halber angeführt. Denn diese konnte nur die Feuerwehr als Teil der Polizei-Exekutive erteilen. Aber die Feststellungen und Hinweise der Pionierbrandschutzgruppen waren ein wichtiger Hinweis für die Genossen und Kameraden der Feuerwehr, in diesen Objekten „nach dem rechten“ zu schauen. (Und Kinder sind sehr ehrgeizig, wenn sie Erwachsene „kontrollieren“ dürfen).

Diese Pionierbrandschutzgruppen der ausgehenden fünfziger Jahre hatten zunächst nur orientierenden Charakter und waren noch nicht durch Verordnungen usw. zur Pflicht gemacht worden. Sie bewirkten aber zunehmend, dass die Kinder mehr und mehr an diese nützliche Aufgabe herangeführt wurden, und dass die Eltern durch eine kluge Arbeit der Leiter dieser Pionierbrandschutzgruppen (zumeist Feuerwehrangehörige, die selbst Kinder in dem entsprechenden Alter hatten) von der Nützlichkeit einer derartigen außerschulischen Arbeit ihrer Kinder überzeugt wurden und ihre Sprösslinge sinnvoll beschäftigt wussten.

Bildung der Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“

Im Sommer 1962 wurde dann aus diesen Pionierbrandschutzgruppen durch eine gemeinsame Verfügung der HA Feuerwehr im DDR-Innenministerium und dem Volksbildungsministerium sowie der Pionierorganisation offiziell die Arbeitsgemeinschaft „Junge Brandschutzhelfer“ ins Leben gerufen. Es wurden die minimal erforderlichen Ausstattungen dieser Arbeitsgemeinschaften und die Verantwortlichkeiten zwischen Volksbildung und Feuerwehr festgelegt.

Uniformen der Feuerwehren durften den Mitgliedern dieser AG nicht ausgehändigt werden, ihr äußerliches Erscheinungsbild war nach und nach die blaue Latzhose zum weißen Hemd der Pionierkleidung und das Pionierdreieckstuch. Der „Pionierknoten“, mit dem dieses Dreieckstuch um den Hals geknüpft wurde, sollte die Vereinigung und gemeinsame Verantwortung von Elternhaus, Schule und Pionierorganisation symbolisieren. Das geschaffene rote Stoffabzeichen mit dem stilisierten Jungen Pionier, der mit einem Rohr zum Angriff vorgeht, war das seitdem bekannte Emblem dieser Arbeitsgemeinschaften.

In den offiziellen Arbeitshinweisen, herausgegeben von der Zentralstation der Jungen Naturforscher und Techniker Berlin-Blankenfelde im Einvernehmen mit der HA F aus dem Jahre 1962 heißt es zur Uniformierung der Arbeitsgemeinschaften u.a.: „(...) Als äußeres Zeichen der Zugehörigkeit zur Arbeitsgemeinschaft trägt der junge Brandschutzhelfer das dafür geschaffene Abzeichen und bei Brandschutzkontrollen, Begehungen und anderen Anlässen des öffentlichen Auftretens die Festkleidung der Pionierorganisation.“„Es wird empfohlen, dass sich die Jungen Pioniere und Schüler in der Arbeitsgemeinschaft gruppenweise – Stärke von 1:8 – betätigen. In Arbeitsgemeinschaften, deren Teilnehmerzahl diese Stärke überschreitet, sollten mehrere Gruppen gebildet werden. Die Kinder entscheiden selbst, wer in welcher Gruppe arbeitet.“ Es wurde in diesem Zusammenhang extra betont, dass es sich bei den Arbeitsgemeinschaften „nicht um einen Bestandteil der freiwilligen Feuerwehr handelt, sondern um eine außerschulische Einrichtung zur Bildung und Erziehung der Jungen Pioniere speziell auf dem Gebiet des Brandschutzes“.

Zugleich mit der Bildung der „AG Junge Brandschutzhelfer“ beauftragte das Ministerium für Volksbildung die „Zentralstation der Jungen Naturforscher und Techniker“ (eine Einrichtung der Pionierorganisation, die praktische Methoden fur sinnvolle Freizeitbeschäftigung der Kinder im Schulalter entwickelte und erprobte), in Zusammenarbeit mit der HA F Arbeitshinweise für diese Arbeitsgemeinschaften auszuarbeiten.

Um den kinder- bzw. jugendhaften Charakter dieser AG-Bildung noch zu unterstreichen, wurde das Lied der jungen Brandschutzhelfer „Gut Freund der Feuerwehr“ (Text Erika Engel; Musik Hans Naumilkat) geschaffen.

Zunächst wurden diese Arbeitsgemeinschaften für Schüler der dritten bis achten Klasse geschaffen. Später in den siebziger Jahren wurde dann für die Schüler der ausgehenden 8. bis zur 10. Klasse die „Arbeitsgemeinschaften Brandschutz“ gebildet. Sie hatten den Zweck, den altersmäßigen Anschluss an die Jungen Brandschutzhelfer herzustellen und durften in den Feuerwehr-Gerätehäusern unter Aufsicht der Angehörigen der Feuerwehren mit ihrer Technik arbeiten – mit Ausnahme der Bewegung der Löschfahrzeuge durch die Kinder und Jugendlichen selbst. Wo aber eine derart intensive Kinder- und Jugendarbeit vorhanden war, wurden auch sogenannte „Kreispionierhäuser“ oder „Brandschutzkabinette“ eingerichtet.

Material für eine gute Anleitung, sowohl mit praktischen Methoden als auch sehr gutes schriftliches Material gab es in hervorragender Qualität. Hergestellt entweder über den Verlag „Junge Welt“ (Verlag der Jugendorganisation FDJ in Berlin) oder über die DEWAG-Werbung. Das Problem war nur, es in ausreichendem Maße bis in die kleinste Gemeinde zu bringen. Auch hier „saß der Knabe an der Quelle!“ (Oder: Beziehungen schadeten nur dem, der sie nicht hatte!) Diese Arbeitsgemeinschaften waren im DDR-Vokabular wirkliche „Kader-Reserven“ der freiwilligen Feuerwehren.

Denn mit beendeter zehnter Klasse (die DDR hatte die Zehnklassen-Schulpflicht) waren diese Schüler im allgemeinen 16 Jahre alt. Und genau mit diesem Alter ermöglichten die Statuten den Eintritt in die freiwillige Feuerwehr.

Und wen wundert es da, dass ganze Generationen von Jungen und Mädchen als ehemalige Mitglieder derartiger Arbeitsgemeinschaften über die FFw-Arbeit zum Organ Feuerwehr gingen. Es sind Zahlen bekannt, wonach es an den Schulen der DDR fast regelmäßig 5.000 Arbeitsgemeinschaften mit einer Gesamtstärke von rund 50.000 Schülern gab.

Zielgerichtete Aktionen in der Brandschutzerziehung der Kinder

Eine Jugendfeuerwehr, wie in der Bundesrepublik, gab es in der DDR nicht, da der Übergang von der Arbeitsgemeinschaft „Brandschutz“ in die FFw fließend – mit 16 Jahren – erfolgen konnte, wenn es die Jugendlichen wollten. Sie wurden dann Dienstanfänger in den FFw und entsprechend ausgebildet und geschult wie jeder Neuaufgenommene.

Die Strukturen der Jugendfeuerwehren wurden erst mit der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern eingeführt. Dazu fand in Ost-Berlin auf Einladung des Autors im Februar 1990 eine erste offizielle Kontaktaufnahme mit dem Vorstand der Deutschen Jugendfeuerwehr der BRD und Berliner Vertretern der örtlichen FFw, des Magistrats und Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“ und „Brandschutz“ statt.

Arbeitsgemeinschaften, Schulen und Feuerwehren der DDR führten vielfach koordiniert bestimmte zielgerichtete Aktionen aus.

So wurden in den fünfziger und Anfang der sechziger Jahre/n z.B. die Aktion „Jagt den Lodrian“ zum Symbol für die Kampfansage an Unaufmerksamkeit und Leichtfertigkeit im Brandschutz. Junge Menschen und auch Erwachsene in den Betrieben sollten mobilisiert werden gegen die damals verstärkt auftretenden Brände in der DDR-Volkswirtschaft.

Dazu wurden Löschfahrzeuge der Feuerwehr aus dem Reservebestand werbewirksam umgerüstet (siehe Abb. 205). Derartige Fahrzeuge waren die Vorläufer der rollenden Info-Mobile zur Brandschutzaufklärung, den späteren „Atze“-Feuerwehren. Eine Aufnahme aus dem Bezirk Frankfurt/Oder. Das Fahrzeug hat eine schwarze VP-Nummer, beginnend mit „05“. Die „Aktion Keule“ in den siebziger Jahren beispielsweise, um eine weitere zu nennen, sollte vornehmlich mit spielerischen Mitteln die unteren Klassen in den Schulen zum Mitmachen in den Arbeitsgemeinschaften animieren und so die zwischenzeitlich eingetretene Flaute in den Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaften beenden.

Einen besonderen Stellenwert hatte die „Aktion Hydrant“, die besonders in den beginnenden achtziger Jahren verstärkt ins Leben gerufen wurde. Sie war m.E. sogar von sicherheitspolitischem Wert für die DDR-Bevölkerung, besonders in den großen Städten und Neubauzentren. Gemeinsam suchten und kontrollierten Arbeitsgemeinschaften und Feuerwehren Hydranten. Das staatlich beschlossene Wohnungsbauprogramm mit den hohen Auflagen an Wohnungsneubauten und den engen Terminen führte häufig dazu, dass die Wasserwerke und Baubetriebe Hydrantennetze errichteten, aber mit der Erstellung der notwendigen Dokumentationen für die Feuerwehr in Form von Hydrantenbüchern gar nicht nachkamen. Andererseits wurden mitunter vorhandene Hydranten durch Bauarbeiten verschüttet, zerstört oder durch unvorschriftsmäßige Installationsarbeiten „totgelegt“. Hier musste die Aktion Hydrant Abhilfe schaffen und derartige Mängel aufdecken. Diese Aktion ging sogar zum Teil soweit, dass Hausbesitzer wegen unterlassener Eis- und Schneeberäumung von Hydranten vor ihren Grundstücken zur Verantwortung gezogen wurden.

Spielerische Methoden in der Brandschutzerziehung

Das System der Arbeitsgemeinschaften der Jungen Brandschutzhelfer war in der DDR soweit ausgebaut, dass Elemente des Feuerwehrsports (in der DDR sprach man von Feuerwehrkampfsport) wettkampfmäßig auf Schul-, Kreis- und Bezirksebene bis hin zu DDR-Meisterschaften durchgeführt wurden. Hier finden wir etwa vergleichbar die Bundeswettkämpfe der Jugendfeuerwehr in der Alt-Bundesrepublik. Sogar internationale Wettkämpfe gab es innerhalb der sozialistischen Ostblockländer. Hier war zum Beispiel die DDR 1985 in Biesenthal bei Bernau (rund 60 km von Berlin) der Ausrichter. Die Wettkämpfe der Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“ erfolgten gemäß „Wettkampfordnung für Wettkämpfe der Arbeitsgemeinschaften Junge Brandschutzhelfer“ (zuletzt geändert im Jahre 1984) in den Disziplinen

- 5 x 80-m Feuerwehrstafette,
- Löschangriff,
- Gruppenstafette.

Dabei mussten die Wettkampfgeräte gültigen TGL-Vorschriften entsprechen. Die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften wurde von der HA Feuerwehr im DDR-Innenministerium finanziell und materiell gefördert. Die Volksbildung stellte gleichfalls nicht unerhebliche Mittel bereit. Eine Möglichkeit der Förderung war die Durchführung von „Erfahrungsaustauschen“ der besten Arbeitsgemeinschaften aus den Bezirken der DDR beim Leiter der HA F im DDR-Innenministerium. Diese Erfahrungsaustausche wurden bis auf die Bezirksebenen durchgeführt.

Bei derartigen Erfahrungsaustauschen gab es zumeist für die beteiligten Arbeitsgemeinschaften weitere Mittel und Ausrüstungen für ihre AG und auch häufig Preise und Geschenke als Auszeichnungen. Die Staatliche Versicherung der DDR und die SED-geführte landesweite Werbeagentur DEWAG produzierte hervorragendes Öffentlichkeitsmaterial, von dem wir zum Teil noch heute profitieren und das wir bei unseren ersten Besuchen und Kontakten bei bzw. mit Feuerwehren aus den Alt-Bundesländern reißend los wurden. Allerdings – und das muss der Ehrlichkeit wegen auch gesagt werden – bis in das kleinste Dorf, die kleinste Wehr kam dieses Material oft nicht.

Ein Titel einer Kinderzeitschrift aus dem FDJ-Verlag „Junge Welt“ gab einer Bewegung der Jugend in den Feuerwehren der DDR seinen Namen: Die Kinderzeitschrift „Atze“ stand Pate für die „Atze-Feuerwehr“. Die „Atze-Feuerwehren“ vereinten in sich Mitglieder von Arbeitsgemeinschaften und Feuerwehrleute gleichermaßen mit dem Ziel, mit spielerischen Mitteln die Kinder und Jugendlichen zu richtigen Verhaltensweisen im Brandschutz zu erziehen. Diese Aufgabe wurden mit Hingabe und Fleiß wahrgenommen.

Zunächst waren die „Atzen“ in der DDR nicht motorisiert. Aber nach und nach ergab sich diese Notwendigkeit, da die mitgeführten Utensilien für die Ausgestaltung ihrer Arbeit immer umfangreicher wurden. Selbstgebaute oder umgebaute und/oder ausgemusterte, aber noch verkehrstüchtige Einsatzfahrzeuge wurden zu Spielmobilen umgerüstet, der äußere Charakter und das Aussehen einer Feuerwehr aber nach Möglichkeit belassen. Aus dem Jahre 1985 waren in der DDR 39 motorisierte Atzen (mit eigenem Zugmittel) und über einhundert ohne eigenem Zugmittel, aber mit Anhängefahrzeugen bekannt.

In Spezialistenlagern während der Ferien wurden Ferienspiele für die Kinder veranstaltet und die Arbeitsgemeinschaften der Jungen Brandschutzhelfer ausgebildet. Hier war zum Beispiel die „Atze-Feuerwehr Eisenach“ Stammgast der Kinderferienlager des Innenministeriums der DDR und des Verlages „Junge Welt“. Die „Atze-Feuerwehren“ der DDR traten auf Pressefesten in den Städten der DDR auf. Sie waren bei Tagen der offenen Tür der Feuerwehren präsent, bei Stadtbezirksfesten und Straßenfesten, sie zeigten auf wettbewerbsmäßig organisierten Schulmessen Ergebnisse ihrer brandschutztechnischen Basteleien zur Ausgestaltung ihrer eigenen Freizeit.

Viele Atze-Feuerwehren oder Arbeitsgemeinschaften schlossen auch Patenschaftsverträge mit Betrieben, in denen und mit deren Hilfe sie die materielle Basis ihrer Spielmobile erweitern konnten. Im „Brandschutzkatalog für die Öffentlichkeitsarbeit“ der HA F im MdI aus dem Jahre 1976 („für Redaktionen der Publikationsorgane“) wurde zu den Arbeitsgemeinschaften ausgeführt:

„Die Arbeitsgemeinschaften ,Junge Brandschutzhelfer sind weder Kinder- oder Pionierfeuerwehren noch eine Gruppe von Kindern, die auf eine spätere Mitarbeit in einer Feuerwehr vorbereitet werden.“

Diese Aussage war rechtlich korrekt, jedoch wurde in der praktischen Handhabung immer wieder großer Wert darauf gelegt, dass ein Übergang vom Mitglied der Arbeitsgemeinschaft in die FFw (und später nach der Berufsausbildung und der Armeezeit) zum Organ Feuerwehr wünschenswert war.

Für die Leistungsanerkennung der Brandschutzhelfer oder der Teilnehmer an Wissensstraßen gab es in der DDR eine Vielzahl von Medaillen und Urkunden. Zum Beispiel die „Goldene Brandschutz-Eins“, die für richtiges Beantworten genau festgelegter Fragen zum brandschutzgerechten Verhalten nach Altersstufen ausgegeben wurde. Wie stolz war ein Kind, wenn es diese Eins als kleines Abzeichen oder Medaille erhielt. Und da diese Einsen jedes Jahr mit neuer Jahreszahl herausgegeben wurden, gab es unter den Kindern schon bald regelrechte Sammler. Heute gibt es sogar Sammler derartiger Medaillen und Urkunden, für die sie mitunter auf Tauschbörsen nicht unerhebliche Summen für bestimmte Medaillen zahlen. Mit den zentralen Vorgaben der Fragen für den Erwerb der „Brandschutz-Eins“ war gesichert, dass überall die gleichen Bedingungen für die „Brandschutz-Eins“ galten und jeweils immer die richtigen Antworten zugleich als brandschutzgerechter Hinweis zur Anwendung kamen. Eine Erhebung der HA F in den Jahren 1981–1985 ergab, dass in dieser Zeit über 3,5 Millionen Brandschutz-Einsen ausgegeben wurden. 1985 wurde durch die HA F die Anzahl der regelmäßig seit 1981 existierenden Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“ und „Brandschutz“ mit 4.400 angegeben. Eine echte Massenbasis in Sachen Brandschutzerziehung!

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaften selbst wurden für die Anerkennung ihrer mehrjährigen guten Ergebnisse mit der Teilnahme an Spezialistenwettbewerben ausgezeichnet. Hierzu kamen die notwendigen Mittel meist von der Staatlichen Versicherung der DDR oder von geplanten Mitteln für Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehr. Einen geringen Anteil hatten die Eltern der Kinder zu zahlen. Es war eine echte Wettbewerbssituation unter den AG-Teilnehmern zu spüren.


Zeittafel zur Jugendarbeit in den Feuerwehren der DDR

Anfang 1950 Bildung erster FDJ-Löschaktivs in den Feuerwehrkommandos  
ab 1950 Beginn der Bildung von Jugendlöschgruppen in den FFw  
  1950 Erstes Deutschlandtreffen in Berlin  
  1951 Weltjugendtreffen in Berlin; FDJ-Gruppen übernehmen den Brandschutz in den Massenunterkunften und Feldlagern  
Ende 1953 Pionierbrandschutzgruppen (Feuerwehraktive der Jungen Pioniere) werden an den Schulen gebildet.  
  1954 Zweites Deutschlandtreffen in Berlin; FDJ ubernimmt den Brandschutz  
  1961 Zur Erhöhung der Brandsicherheit werden von Jugendgruppen die Aktionen „Fasst den Lodrian“, „Feuerwehrmann Fix“ und „Löschfahrzeug der guten Taten“ unterstützt; große Unterstützung in Funk, Presse und Fernsehen; den Jugendlichen werden zahlreiche Verpflichtungen abverlangt.  
  1962 Bildung der Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“ und „Brandschutz“  
  1964 Deutschlandtreffen der Jugend in Berlin, FDJ-Gruppen in den Feuerwehren übernehmen den Brandschutz.
Der Jugendsender „DT 64“ wird gegründet.
 
  1970 Die Arbeitsgemeinschaften nehmen an den Kreisausscheiden im Feuerwehrsport teil. Es gelten besondere Wettkampfregeln und Wettkampfbahnen.  
ab 1971 „Aktion Hydrant“  
ab 1972 In Spezialistenlagern für „Junge Brandschutzhelfer“ werden während der Schulferien Kinder betreut. In den Herbstferien werden Kreisausscheide durchgeführt.  
  1973 10. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Berlin, FDJler in der Feuerwehr übernehmen den Brandschutz.  
ab 1970 Ausgesonderte, aber fahrtüchtige Feuerwehrfahrzeuge werden zu mobilen „Atze-Feuerwehren“ umgebaut und für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt.  
  1977 Erstmals nimmt eine Delegation der Arbeitsgemeinschaften „Junge Brandschutzhelfer“ im Gesamtrussischen Pionierlager Orljonok an Feuerwehrwettkämpfen der Schüler teil.  
  1985 1. Spezialistenlager der AG „Junge Brandschutzhelfer“ in Biesenthal bei Berlin und 5. Internationale Wettkämpfe sozialistischer Länder.  
  1987 2. Spezialistenlager der AG Junge Brandschutzhelfer in Schneeberg.  
  1990 Zahlreiche Arbeitsgemeinschaften orientieren sich an dem Beispiel der bundesdeutschen „Jugendfeuerwehren“ und ändern entsprechend den neuen Altersbedingungen ihren Status in Jugendfeuerwehren um. Allgemein wird von bundesdeutscher Seite die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in den Feuerwehren der DDR anerkannt und hervorgehoben.